Die großen Verleger in Deutschland haben es durch ihre Lobbyarbeit geschafft, ein Gesetz im Bundestag verabschieden zu lassen, dass im Prinzip niemandem nützt, aber vielen bereits jetzt große Kopfschmerzen bereitet.

Worum geht es?

Die großen Verlagshäuser in Deutschland wollten für Zitate aus ihren Online-Artikeln – und seien sie noch so klein – von den Zitierenden (i.d.R. Suchmaschinenbetreiber oder Aggregatoren) Geld haben. Über entsprechende Lizenzvereinbarungen wollten Sie an den Werbeeinnahmen dieser „Fremdverwerter“ angemessen beteiligt werden.

Im Laufe der Diskussion über die konkrete Ausgestaltung eines entsprechenden Gesetzes wurden viele Detailfragen aufgeworfen, die heiß diskutiert wurden:

  • Wer muss zahlen? Nur gewerblich Tätige oder z.B. auch Blogger, die durch Werbeeinblendungen die eigenen Kosten zu decken versuchen.
  • In welcher Form soll/kann das allgemeine Zitatprivilig eingeschränkt werden? (Nach dem Urheberrecht darf in gewissen Umfang kostenlos ohne verherige Erlaubnis zitiert werden.)
  • Wird hier den sog. „Abmahn-Anwälten“ ein neues Betätigungsfeld eröffnet?
  • Wird hier einem Wirtschaftszweig (= den Print-Medien) ein Zubrot verschafft, welches am Ende nur das „Sterben“ verlängert?

Wo sind die Fronten?

Befürworter des LSR sind der Ansicht, dass eine weitere unentgeltliche Ausnutzung fremder Angebote verhindert werden muss. Genau dies würde bereits seit vielen Jahren durch Suchmaschinen-Betreiber und News-Aggregatoren stattfinden.

Suchmaschinen-Betreiber und Anbieter von News-Aggregatoren erwidern, dass erst durch ihre Angebote größere Besuchermassen auf die Online-Angebote der Verlage aufmerksam gemacht werden. Ohne ihre Angebote würden die Verlage einen signifikaten Besucherrückgang riskieren.

Wer hat die besseren Argumente?

Im Prinzip haben beide Seiten eine nachvollziehbare Argumentation: Ohne die einzelnen Artikel bei den Verlagen hätten die Suchmaschinen und News-Aggregatoren keine Inhalte, die sie präsentieren könnten. Ohne die Suchmaschinen und die News-Aggregatoren ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein bestimmter Artikel eines bestimmten Verlages von einer größeren Zahl wahrgenommen wird, eher (sehr) gering.

Beide Seiten leben in einer Art Symbiose, bei der nicht offensichtlich wäre, dass eine der beiden Seiten „übervorteilt“ würde.

Was wurde nun beschlossen?

Am 01.03.2013 haben die Abgeordneten der CDU/CSU-FDP-Regierungskoalition das LSR im Sinne der Verleger beschlossen. Allerdings kam es kurz vor der Abstimmung zu einer sprachlichen „Feinjustierung“ im Gesetz. Im nun beschlossenen Gesetz werden

(…) einzelne Wörter oder kleinste Textausschnitte. (…)

auch weiterhin dem Zitatprivileg unterworfen.

Doch was nun konkret mit „kleinste Textausschnitte“ (auch Snippets genannt) gemeint ist, definiert das LSR leider nicht. So wird es wohl etliche Jahre dauern bis die Gerichte entschieden haben, was darunter zu verstehen ist.

Und nun?

Das Gesetz ist zwar vom Bundestag beschlossen worden, aber es muss noch den Bundesrat passieren. Es ist sehr wahrscheinlich, dass die dortige Mehrheit von durch Oppositionsparteien geführten Bundesländern den Vermittlungsausschuss anrufen wird.

Doch das vom Bundestag beschlossene Gesetz muss nicht vom Bundesrat bestätigt werden. Der Bundesrat kann das Gesetz zwar verzögern, aber nicht verhindern.

Wirksam wird das Gesetz erst, wenn es im Bundesgesetzblatt veröffentlicht wird.

Welche Konsequenzen sind in der nahen Zukunft zu erwarten?

Da bereits in den vergangenen Monaten nichts passiert ist, wird wohl auch in den kommenden Monaten nichts Entscheidendes passieren! Die Lobbygruppen werden auch weiterhin vehement für oder gegen das LSR Einfluss zu nehmen versuchen. Möglicherweise wird es auch offizielle Verhandlungen zwischen Verlegern und Suchmaschinen-Betreibern geben. Doch das es um dem Druck des drohenden Gesetzes zur einer Einigung kommen wird, ist eher unwahrscheinlich; zu sehr „riecht“ dieses Gesetz nach Klientel-Politik und zu groß ist der Widerstand der unterschiedlichen Gesellschaftsgruppen.

Die Redaktion der c’t kommt zu einem ganz ähnlichen Tenor!
Auch Udo Vetter äußert sich in seinem Lawblog ganz eindeutig zum diesem Thema: ‚Ein Grauen für alle, die ins Netz schreiben‘.

Von BrummBär

Baujahr 1970. Schütze. Kind der 80er und 90er. Isst gern und viel. Kann immer und überall Fernsehen/Videos konsumieren. Kann stundenlang die Natur im Stillen beobachten – kommt viel zu selten dazu. Mal sehr laut, manchmal sehr leise. "Wer sich nicht wehrt, hat schon verloren" · "Wehret den Anfängen!" · "Für den Sieg des Bösen genügt es, wenn die Menschen guten Willens nichts tun." Gegen Faschismus, Rassismus, Ungerechtigkeit und Dummheit. Lebenwesen, das gern und viel selbst denkt!

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