Niedersachsen ist das letzte

… Bundesland, welches ein Gesetz zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung erhält. Am 14.11.2007 ist es vom Nds. Landtag abschließend behandelt worden.

Noch ist der genaue Wortlaut des Gesetzes nicht bekannt, den letzten Entwurf dokumentiert der Behindertenbeauftragte des Landes Niedersachsen auf seinen Internetseiten.

Informationstechnik

Wenn man als Letzter an der Reihe ist, dann kann man aus den Fehlern aber auch aus den positiven Erkenntnissen aller anderen profitieren: Man kann das Ungünstige vermeiden und das Vorteilhafte übernehmen.

Was steht also im Gesetz zum Thema „Barrierefreie Informationstechnik“?

Laut dokumentiertem Vorschlag steht darin:

Die öffentlichen Stellen gestalten ihre Internetauftritte und -angebote sowie die von ihnen zur Verfügung gestellten grafischen Programmoberflächen, die mit Mitteln der Informationstechnik dargestellt werden, technisch so, dass sie von Menschen mit Behinderung grundsätzlich uneingeschränkt genutzt werden können.
Vorhandene Internetauftritte und -angebote sowie zur Verfügung gestellte grafische Programmoberflächen sind entsprechend schrittweise umzugestalten.
Sollte eine solche schrittweise Umgestaltung aus technischen Gründen nicht oder nur mit einem unverhältnismäßigen Aufwand möglich sein, so sind die Internetauftritte und — angebote sowie die zur Verfügung gestellten grafischen Programmoberflächen spätestens bei einer Ablösung des bestehenden Auftritts entsprechend zu gestalten.

Kann man das Ganze noch schwammiger und ohne eine Festlegung treffen zu müssen formulieren? Richtig: Kann man nicht!

Wenn man das aufmerksam liest heißt das nichts anderes als:

  • Mit dem Hinweis „aus technischen Gründen“ sei eine schrittweise barrierefreie Gestaltung nicht möglich kann man sich dem ganzen Prozeß entziehen.
  • Eine barrierefreie Gestaltung kann selbst dann verweigert werden, wenn es technisch machbar wäre: man behauptet einfach, eine solche Umgestaltung wäre nur mit „unverhältnismäßigen Aufwand“ durchführbar.
  • Und wenn man so pfiffig ist und das bestehende EDV-System nicht wechselt, dann kann man sich der schrittweisen Barrierefreiheit für eine sehr, sehr, sehr lange Zeit verweigern!

Interessant ist die Begründung für soviel Murks:

Die Umgestaltung der bestehenden Internetauftritte […] ist häufig nicht möglich, weil die eingesetzten Programme solche Anpassungsmaßnahmen nicht erlauben. Eine ohne Ausnahme verpflichtende Regelung, die bestehenden Internetauftritte schrittweise barrierefrei zu gestalten, ist deshalb nicht aufgenommen worden.

Was für eine Wischi-Waschi-Begründung!

Wir haben so schlechte Software, die kann gar nix, schon gar nicht barrierefrei. Und wir können es natürlich keinem zumuten, daß er innerhalb bestimmter großzügig bemessener Fristen seine schlechte Software gegen bessere austauschen müßte.

Jou klar: Wir können natürlich keinen Gaststättenbesitzer zwingen, abgeschlossene Räumen für Raucher zu schaffen, um den Schutz von Nichtrauchern sicherzustellen, weil die haben ja solche Räume nicht. Wir können keine Autobesitzer dazu zwingen, ab dem 1.1.2008 bestimmte Abgas- und CO2-Werte einzuhalten, wenn sie in die Innenstädte wollen, weil so viele noch alte Autos fahren, welche diese Werte nicht einhalten.

Was für eine scheinheilige Begründung, nur um ja nicht selbst in absehbarer Zeit handeln zu müssen!

3 Kommentare

  1. Peter sagt:

    Es ist ausserordentlich erfreulich – weil notwendig -, dass sie so viele – und immer mehr – Menschen mit der Thematik Barrierearmut befassen.

    Was ich mir wünschen würde wäre jedoch auch die Umsetzung der Theorie in die Praxis. In diesem Artikel ist die hellgraue Schrift auf weißem Untergrund kaum noch zu lesen – auch wenn man nicht sehbehindert ist.

    Warum also über andere aufregen, wenn man selbst bekannte Probleme nicht berücksicht?

    Ich fnde das sehr schade…

  2. BrummBär sagt:

    Hallo Peter,

    du hast absolut recht: Wer sich mit dem Thema Barrierefreiheit (im Internet) beschäftigt sollte auch eine Vorreiterrolle spielen und diese Barrierefreiheit nicht nur fordern sondern auch entsprechend praktisch durch gute eigene Beispiele fördern.

    Was die Frage nach dem Kontrast von Vorder- und Hintergrundfarbe anbelangt, so muß ich dich leider enttäuschen: Laut Kontrastanalyse ist der Kontrast der grauen Schrift (Farbcode: #777777) zum weißen Hintergrund (Farbcode: #FFFFFF) mit einem Wert von 136 ausreichend. Nach der vom W3C vorgeschlagenen neuen Berechnung des Kontrastverhältnisses wäre das Ganze aber mit 4,43 noch nicht im „grünen Bereich“.

    Ich werde daher so schnell wie möglich die graue Schrift auf den Farbcode #656565 setzen, dann sollte es auf jeden Fall ausreichend sein!

    Kleiner Hinweis am Rande: Auch wenn der Kontrast bestimmter Farbkombinationen nicht ok zu sein scheint, so kann dies auch an der „Feinheit“ / „Dünnheit“ der Schrift liegen. Vergrößert man die Schrift, so kann man meist recht schnell erkennen, daß der Farbkontrast durchaus akzeptabel ist.

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